"Ich fühlte mich sehr gut beraten und dachte mir gleich: Das möchte ich auch einmal machen", meint Silvia Iriarte-von Huth. Der aus Argentinien stammenden Psychologin half vor knapp 15 Jahren Angelika Zehndbauer, Flüchtlings- und Integrationsberaterin bei der Caritas-Kreisstelle Ingolstadt, vor allem in Angelegenheiten ihrer Berufsanerkennung. Heute ist Silvia Iriarte-von Huth selbst Flüchtlings- und Integrationsberaterin dort. Sie zeigt sich nach wie vor ihrer Kollegin für die damalige Hilfe dankbar. Die Sozialpädagogin Angelika Zehndbauer arbeitet mittlerweile seit 35 Jahren im Bereich Migration bei der Caritas-Kreisstelle. Ende Juni tritt die 62-jährige die Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit an.
Berufslaufbahn war nicht geplant
Dass sie einmal in diesem Berufsfeld tätig sein sein würde, war eigentlich nicht geplant. Zu Beginn ihrer Berufslaufbahn arbeitete die Sozialpädagogin auf einer ABM-Stelle bei einem anderen Träger für psychisch kranke Menschen. Von einer Ehrenamtlichen von Pro Asyl hörte sie, dass bei der Caritas eine feste Stelle in der Asylberatung frei wurde. "Ich wollte damals einen sicheren Arbeitsplatz", erzählt Angelika Zehndbauer, warum sie sich auf diese bewarb. Erst bekam sie die nicht, weil die Stelle intern besetzt wurde. Sie arbeite dann noch eine Weile in der Sozialpädagogischen Familienhilfe. Und dann bekam Angelika Zehndbauer doch noch eine feste Stelle bei der Caritas in der Asylarbeit.
19 Jahre war sie in diesem Bereich tätig und wirkte neben ihrer Beratung in der Kreisstelle Ingolstadt in verschiedenen Unterkünften für Geflüchtete: unter anderen in der Gymnasiumstraße, dann in einem Wohnwagenbüro in einem Lager am Donauufer und später in einer Gemeinschaftsunterkunft in der Ostermairstraße in der Nähe des Bahnhofs. Danach war sie auch noch in den Gemeinschaftsunterkünften in Denkendorf und Bitz tätig. Doch die Asylarbeit hinterließ bei ihr Spuren und sie bekam psychosomatische Probleme: "Es war emotional belastend, miterleben zu müssen, dass Geflüchtete nicht wussten, ob sie bleiben dürfen oder wieder dorthin zurückmüssen, woher sie geflohen waren", erklärt Zehndbauer. "Oft habe ich Probleme mit nach Hause genommen." Besonders erschüttert hatte sie, dass ein Mann aus Äthiopien in der Gemeinschaftsunterkunft in Denkendorf Suizid beging.
Die Sozialpädagogin wechselte daraufhin in die Allgemeine Migrationsberatung bei der Caritas-Kreisstelle Ingolstadt. Hier beriet sie Menschen, die ein Aufenthaltsrecht haben: zum Beispiel EU-Bürgerinnen und Bürger, durch Eheschließung Zugewanderte, Spätaussiedler oder anerkannte Asylbewerberinnen und - bewerber. Seit zweieinhalb Jahren ist Angelika Zehndbauer in der Flüchtlings- und Integrationsberatung (FIB) tätig. Auch hier berät sie ganz überwiegend Zugewanderte mit einem Bleiberecht: vor allem aus Afghanistan, Syrien oder dem Irak.
Auch wenn die Belastung in ihren 19 Jahren Asylarbeit zu Beginn ihrer Berufslaufbahn hoch war, hat Angelika Zehndbauer an die Anfangszeit ihre schönsten Erinnerungen: "Damals gab es noch nicht so viele Flüchtlinge und wir hatten viel Zeit für sie. Die Beratung war intensiver als heute und wir führten Ausflüge mit den Betroffenen durch. Auch gab es für Flüchtlinge zweckgebundene Spenden." Die schwierigste Zeit für die Beratung sei die Coronazeit gewesen. "Wir berieten teilweise am Fenster", erinnert sich die Sozialpädagogin. "Da lange Zeit keine Sprachkurse in Präsenz stattfanden und viele mit Online-Unterricht überfordert waren, gingen für die Weiterentwicklung und Integration vielfach zwei Jahre verloren."
Von Menschen aus anderen Kulturen bereichert
Trotz mancher Schwierigkeiten wollte Angelika Zehndbauer nie mehr in einem anderen Bereich als dem der Migration arbeiten. "Ich mag die Menschen aus anderen Kulturen sehr und empfinde den Umgang mit ihnen als bereichernd", erklärt sie. Um ihnen zu helfen, brachte die Frau mit einer "sozialen Ader" die nötige Empathie auf. "Mein Beruf wurde mir zur Berufung", stellt die Sozialpädagogin zufrieden fest. Und sie schätzte es, dass der Caritasverband für die Diözese Eichstätt ihr und ihren Kolleginnen und Kollegen einen Honorar-Rechtsanwalt zur Verfügung stellten, "um auch eine rechtlich gute Beratung leisten zu können".
Angelika Zehndbauer wünscht nach 35 Jahren Engagement im Bereich Migration allen Geflüchteten und ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, "dass sie in Zukunft genügend Kapazitäten und Beratungen finden, um auf ihrem Integrationsweg gut begleitet zu sein". Für ihre eigene Arbeit bei der Caritas sind ihr nach eigenen Worten die Leitworte von zwei Kampagnen wegweisend geworden: zum einen das Motto des 100-jährigen Jubiläums des Caritasverbandes Eichstätt im Jahr 2018 "Ohne Liebe ist alles nichts", zum anderen die diesjährige bundesweite Caritas-Kampagne mit dem Leitwort "Frieden beginnt bei mir". Angelika Zehnbauer erklärt: "Diese sind für mich Ausdruck grundlegender christlicher Tugenden, nach denen ich versucht habe, meine Arbeit zu leisten."
Der Einsatz für Frieden ist für sie umso wichtiger, als es in Europa erneut zu einem Krieg gekommen ist. Doch man dürfe nicht nur den Krieg in der Ukraine, sondern müsse auch die anderen gewalttätigen Auseinandersetzungen auf der Welt im Blick haben. "Die Schicksale von Flüchtlingen, die durch Kriege verursacht sind, dürfen uns nicht kalt lassen", so die scheidende Caritas-Mitarbeiterin.