Stefan Hagen, der Leiter des Kommissariats Drogenfahndung in Ingolstadt, gab zu Bedenken, dass die Rauschgiftkriminalität in Ingolstadt stetig anwachse. Derzeit lägen zwischen 1400 und 1500 entdeckte Verstöße jährlich vor, von denen rund 100 in einer Untersuchungshaft münden. Die Lockmittel der Drogendealer würden immer perfider, meinte Hagen. Nicht zuletzt durch die Herausforderungen des Internets würde eine wirkungsvolle Präventionsarbeit zunehmend erschwert.
Gesprächsrunde Anne Gülich
Keine flächendeckende Versorgung
Daniel Matasic von der Caritas-Suchtambulanz Ingolstadt betonte die positiven Auswirkungen einer Substitution, besonders wenn diese psychosozial begleitet werde. Die Maßnahmenteilnehmer schafften häufig nicht nur den Weg aus der Kriminalität, sondern könnten oft auch ihre Gesundheit und Arbeitsfähigkeit wiederherstellen. "Allerdings bestehen in unserer Stadt seit Jahren Defizite in der medizinischen substitutionsgestützten Behandlung von Konsumenten illegaler Drogen", hielt der Sozialpädagoge fest. Fast die Hälfte seiner Klienten müsse weite Wege bis nach München, Nürnberg und Regensburg zurücklegen, um einen Arzt zu finden, der substituiert.
Keine Charakterschwäche
Die Augsburger Apothekerin Christiane Fahrmbacher-Lutz erläuterte, dass Sucht "keine Charakterschwäche sei", sondern "eine chronische Krankheit, noch dazu mit hoher Sterblichkeitsrate". Deshalb appellierte sie für eine flächendeckende Versorgung in Bayern: "Substitutionstherapie ist nachgewiesen wirksam und erlernbar."
Ärztliche Aufgabe, Kranken zu helfen
Arzt Jörg Seiler aus Nürnberg berichtete aus dem Arbeitsalltag in seiner Substitutionspraxis und in der Straßenambulanz in Nürnberg. Die Substitutionsbehandlung von Suchtkranken sei alles andere als langweilig, sondern "eine ärztliche Aufgabe" und gesellschaftlich relevant". Deshalb plädierte er dafür, dass die alten Vorurteile und Stigmatisierungen fallen gelassen würden.
Bericht eines Ehemaligen
Einen Kontrast zu den wissenschaftlichen Beiträgen bildete der Lebensbericht des 35-jährigen Matze. Er begann im Alter von 12 Jahren, Cannabis zu rauchen. Seit er den Sprung aus der Sucht geschafft hat, engagiert er sich ehrenamtlich im Verein "Maria Help".
Schirmherr Joe Bausch
Schirmherr der Veranstaltung war Joe Bausch, Arzt, Buchautor und Schauspieler. Er berichtete über Substitution im Hochsicherheitsgefängnis. Mit einer Lesung aus seinen Büchern rundete er das Programm ab. Die Organisatorin Helga Friehe vom Gesundheitsnetzwerk Leben dankte allen Teilnehmern und Referenten für das rege Interesse und die interessanten Diskussionsbeiträge.