Ein Treffen auf dem Beilngrieser Weihnachtsmarkt im Jahr 2015 war für das Ehepaar Rolf Drießen (67) und Petra Hafner (58) Ausgangspunkt für ein beispielhaftes Engagement: Dort lernten die beiden einige geflüchtete Menschen kennen. "Wir haben uns sofort verantwortlich gefühlt, diesen zu helfen und zu ihnen enge und gute Kontakte geknüpft", erinnert sich Drießen. Am Anfang unterstützten er und seine Frau unter anderem den heute 31-jährigen Omid Rahmany aus Afghanistan. Der machte hier eine schwere Zeit durch: Nach zwei Interviews beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erhielt er negative Bescheide. Erst als die Taliban in seinem Heimatland an die Macht kamen, bekam er einen einjährigen Aufenthaltstitel. Er hofft, dauerhaft in Deutschland bleiben zu können. Dass er seit Jahren eine Arbeit bei der Firma Jura-Guss in Beilngries sowie einen zusätzlichen Minijob im Dinopark Denkendorf hat, verdankt er ganz wesentlich Drießen und Hafner. "Die haben mir bei nahezu allem geholfen: mit einem Deutschkurs, beim Schreiben von Lebensläufen, durch Kontaktierung von Arbeitgebern. Auch bei einem Interview im BAMF war Herr Drießen dabei", zeigt sich Omid Rahmany dankbar. Durch deren Unterstützung hat er auch seit Anfang dieses Jahres eine eigene Wohnung. Aus Überzeugung engagiert sich der Afghane seit 2019 selbst in der Nachbarschaftshilfe Beilngries, deren Vorsitzender Rolf Drießen ist.
Breites Engagementspektrum
Die ehrenamtliche Tätigkeit von Rolf Drießen und Petra Hafner umfasst heute "wirklich alles", wie Hafner erklärt: "Es geht von der Betreuung Schwangerer, die regelmäßig zum Frauenarzt müssen, über Kinderausstattung, die Anmeldung im Kindergarten bis hin zu allem, was für Wohnung und Haushalt gebraucht wird, alles was an Dokumentenhilfe nötig ist, Fahrräder reparieren, Leute irgendwo hinbringen, Formulare ausfüllen", deutet sie das Engagementspektrum an. "Das entspricht unserem Slogan der Nachbarschaftshilfe, der lautet: ‚Wir machen alles, was ein guter Nachbar macht‘. Und manchmal ist es sicher auch ein bisschen mehr." Dies war zum Beispiel bei der Hilfe für die aus Somalia stammende Halwa Muse Warsame (39) der Fall: Sie war zunächst mit einem Kind in der Gemeinschaftsunterkunft Gallus in Beilngries untergebracht. Als deren andere sieben Kinder nach Deutschland nachzogen, war ein Wohnen dort aber nicht mehr möglich. Da fand sie mit Unterstützung des Beilngrieser Ehepaars innerhalb von zwei Wochen im Jahr 2022 ein Haus. "Wir mussten in dieser kurzen Zeit den kompletten Haushalt auf die Beine stellen: Möbel, Betten, Töpfe und vieles mehr", erzählt Petra Hafner über ein anstrengendes Engagement, das sich aber gelohnt hat.
In Nachbarschaftshilfe tätig
Dankbar für ihre Unterstützung zeigt sich auch der 23-jährige Alik Adam aus der Ukraine. Mit ihm macht Petra Hafner regelmäßig Hausaufgaben für seinen Deutschkurs. Auch dieser ist inzwischen in der Beilngrieser Nachbarschaftshilfe aktiv und leistet zum Beispiel Fahrdienste für andere Geflüchtete, repariert Fahrräder und baut für andere Möbel auf. Dem 31-jährigen Oribhabor Smart aus Nigeria half Petra Hafner vor allem, indem sie diesen eine Zeit lang zu dessen zu früh geborenem Baby in die Kinderklinik Neuburg fuhr und sich zudem um seine größere Tochter kümmerte. Und sie vermittelte ihm den Kontakt zu einem Autohaus in Beilngries, in dem er heute als Werkstatthelfer arbeitet.
Und was motiviert das Beilngrieser Ehepaar zu diesem intensiven freiwilligen Engagement? "Ein Teil meiner Motivation ist sicher, dass ich von Sudentendeutschen abstamme. Meine Großeltern, mein Vater und mein Onkel waren Flüchtlinge", so Petra Hafner. Doch vor allem liegt es daran, dass sie sich wünscht: "Ich würde hoffen, dass mir jemand hilft, wenn ich in so einer Lage wäre." Ihr Mann meint: "Für uns ist wichtig, dass wir den Menschen helfen, dass sie in dem Land, für das sie sich entschieden haben, wirklich ein Teil der Gesellschaft werden können." Er freut sich, dass dies bereits bei mehreren gelungen ist und das Engagement des Beilngrieser Ehepaars so zu einem nachhaltigen Friedensdienst geworden ist. "Es ist einfach toll zu sehen, wie sich die geflüchteten Menschen einbringen, und das ist meines Erachtens gelebter Frieden", so Drießen. Das Zusammensein mit ihnen, erlebt er "wie in einer Familie". Es komme manchmal auch vor, dass Leute sagen "Ihr helft den Falschen", aber das seien absolute Ausnahmen, erklärt Petra Hafner. Der Großteil der Bevölkerung unterstütze ihr Engagement, auch mit Sachspenden.